Hinweis:
Der Bewerbungsschluss für eine Projektförderung im Jahr 2020 war der 1. Mai 2019. Zu den neuen Förderbedingungen beachten Sie bitte die Informationen auf der Seite "Förderantrag stellen".

maecenia fördert 2020 dreizehn Projekte von Frauen, die sich forschend, filmend, schreibend und darstellend aus ihrer Perspektive mit Geschichte auseinandersetzen. Es geht um Krieg, Schuld, Widerstand und Gerechtigkeit, ums Bewahren und Erinnern, aber auch ums Entdecken und Würdigen.

Projects

Sarajewo 1992, ein Graffiti auf der Hauptpost: Dies ist Serbien! Dies ist ein Postamt, du Depp! (Fotomontage)

Bildrechte: Christian Maréchal, https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Sarajevo_Siege_Bridge.jpg

Was haben wir gelacht – Humor als Überlebensstrategie

Antragstellerin:  Maja Zeco und Ina Arnautalic, Berlin
Art des Projektes:  Forschungsprojekt und Publikation
Fördersumme:  7.000 Euro

Krieg, Elend, Vertreibung und Humor. Wie geht das zusammen? Kann das überhaupt zusammengehen? Und warum tut es uns gut, wenn wir anderen aus dem Krieg erzählen und sie dann auch mal über unsere Geschichten lachen? Wir haben während des Krieges in Bosnien und Herzegowina am eigenen Leibe erfahren, wie Kreativität und Humor zu einer unserer wichtigsten Überlebensstrategien wurden. Ist diese Art von Humor in Zeiten des Elends üblich? Wir wollen mit diesem Vorhaben erfahren und herausfinden, inwieweit andere betroffene Menschen in Konflikt- und Kriegsgebieten ähnliche Erfahrungen gemacht haben und ob Humor ein universeller menschlicher Überlebensmechanismus ist.

Filmstill: Maria Binder

Die Advokatin (Arbeitstitel)

Antragstellerin:  Maria Binder, Berlin
Art des Projektes:  Dokumentarfilm, Postproduktion
Fördersumme:  7.000 Euro

Der Film begleitet eine Frau, die nicht mit Waffen, sondern mit Worten und Paragraphen für Gerechtigkeit in der Türkei kämpft. Woher kommt ihr Mut, den Obrigkeiten entgegenzutreten? Wieso geht sie nicht ins Exil, wie viele andere? In fragmentarischen Rückblenden auf die Geschichte der von lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Anwältin zeigt der Film ihre Stärke und Zerbrechlichkeit, ihre Hoffnung und die Aussichtslosigkeit in einem Land, wo die Justiz ihre Unabhängigkeit verloren hat, wo ihr Schicksal nur ein Fall unter vielen ist. Ihre Lebensgeschichte erzählt zugleich schlaglichtartig die Geschichte der Türkei aus der Perspektive einer Frau, die seit Jahren für Menschenrechte und insbesondere für die Rechte von Frauen streitet.

Bild: Patricia Scheld

Internationales Frauen*Theater-Festival

Antragstellerin:  Barbara Luci Carvalho, Frankfurt
Art des Projektes:  Theaterfestival
Fördersumme:  5.000 Euro

Zum vierten Mal zeigen im Herbst 2020 Theatermacher*innen beim Internationalen Frauen*Theater-Festival in Frankfurt am Main ihre Sicht auf die Welt. Der Fokus in diesem Jahr liegt auf der Vertiefung des Themas „Collective Empowerment“. Auf dem 5.000 qm großen Areal im Frankfurter Osten schafft der austragende Verein protagon – Freunde und Förderer freier Theateraktion e.V. - so ein feministisches Festivalformat in Frankfurt mit internationaler Strahlkraft. Es soll wieder sowohl den Charakter eines Festivals für ein interessiertes Publikum haben, als auch ein Symposium und Expert*innen-Treffen sein von lokalen und internationalen Künstler*innen, Choreograf*innen, Wissenschaftler*innen, Pädagog*innen und Unternehmen.

Foto: Familienarchiv Ksenia Ciuvaseva

DIE LANDUNG (Arbeitstitel)

Antragstellerin:  Ksenia Ciuvaseva, Potsdam
Art des Projektes:  Recherche zu einem Dokumentarfilm
Fördersumme:  4.000 Euro

Der geplante Dokumentarfilm "DIE LANDUNG" befasst sich mit Ksenia Ciuvasevas Vater, ein ehemaliger Aeroflot-Pilot aus Moldau, der als Frachtpilot auf alten sowjetischen Flugzeugen in vielen Ländern Afrikas und des Nahen Ostens tätig ist. Seine dauerhafte Abwesenheit prägte ihr Leben und das ihrer ganzen Familie - der Film ist ihr Versuch, wieder eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Dafür reist sie nach Somalia, um sein Piloten-Leben dort aus erster Hand zu erleben und einen Einblick in die ex-sowjetische Pilotengemeinschaft zu bekommen. Für die Erstellung eines drehreifen Treatments im Vorfeld der eigentlichen Produktionsphase sind intensive Recherchen in allen drei Ländern, in denen der Film spielt, nötig: Russland, Moldau und Somalia. Die dabei gesammelten Materialien und Erkenntnisse sollen anschließend produktionsvorbereitend verarbeitet werden und in ein ausgebautes Drehbuch einfließen.

Anna Gielas im Chugach State Park, Alaska, 2019.

Foto: Dipl.-Wirt.-Ing. E. Gielas

Alaskas Ureinwohnerinnen schreiben Geschichte

Antragstellerin:  Dr. Anna Gielas, Norderney
Art des Projektes:  Recherche und journalistische Reportage
Fördersumme:  3.000 Euro

Im Fokus des Projekts „Alaskas Ureinwohnerinnen schreiben Geschichte“ steht die Produktion zweier Reportagen für deutsch- und englischsprachige Medien. Alaskas Ureinwohnerinnen sind mit einem neuartigen Problem der Menschheitsgeschichte konfrontiert: Die traditionelle Lebensweise ihrer Familien und Gemeinschaften wird durch den globalen Klimawandel bedroht. Eine der zwei Reportagen dokumentiert die steigende Suizidrate unter den Ureinwohner*innen Alaskas. Sie legt dar, wie die Frauen in den Dörfern um den Polarkreis sich organisieren, um ihr zu begegnen. Die zweite Reportage konzentriert sich auf Herausforderungen, die ebenfalls mit dem Klimawandel zusammenhängen: Die zunehmend unumgängliche Assimilation an die US-Kultur. Damit die Traditionen der Ureinwohner*innen Alaskas für die Nachwelt erhalten bleiben, organisieren sich die Frauen (in Kooperation mit  Museen, Stiftungen und Bibliotheken), um ihre bislang primär mündlich überlieferte Kultur festzuhalten. Auf diese Weise schreiben sie buchstäblich Geschichte.

Filmstill: Nach Strich und Faden - πέρα για πέρα,work in progress
Bildrechte: Deborah Jeromin

Nach Strich und Faden - πέρα για πέρα

Antragstellerin:  Deborah Jeromin, Leipzig
Art des Projektes:  Künstlerischer Dokumentarfilm
Fördersumme:  3.000 Euro

Geplant ist die Erstellung des künstlerischen Dokumentarfilms "Nach Strich und Faden - πέρα για πέρα". Der deutsch-griechische Film behandelt den Weg der Seide für Fallschirme – von der NS-Seidenraupenzucht als Propaganda-Programm über die Luftlandeschlacht auf Kreta 1941 bis hin zur dortigen Wiederverwendung der Fallschirme als Taschentücher und Kleider. Die seidenen Fallschirmstoffe wurden zerteilt, zugeschnitten und zu Taschentüchern und Kleidern weiterverarbeitet. Durch die Erinnerung an textile Handarbeitsprozesse berichten kretischen Zeitzeuginnen von den Verbrechen der deutschen Wehrmacht auf Kreta.

Der Doña Marina Tanz, der von der indigenen Bevölkerung in Oxaca (Mexiko) praktiziert wird und jährlich als Protest auf dem Marktplatz getanzt wird.

Foto: David Bacon

Movements of Resistance

Antragstellerin:  Olivia Hyunsin Kim, Berlin
Art des Projektes:  Tanz Performance u.a. im LAB Frankfurt
Fördersumme:  4.000 Euro

„Movements of resistance“ beschäftigt sich mit Tanz und Bewegung als ein Mittel zum Widerstand. Volkstänze u.a. aus Korea, Südafrika und Bolivien zeigen die Wirkmacht traditioneller Tänze als eine Widerstandsform. Ihr widerständiges Potential wird mit einem intersektional-feministischen Ansatz untersucht. In Zeiten rechter Rhetorik und Gewalt, stellt sich die Frage, wie ein produktiver, kreativer und vor allem gemeinsamer Widerstand aussehen kann. In einem solchen gesellschaftlichen Kontext kann man sich als Teil einer marginalisierten Gruppe, als Person of Color, und insbesondere als Woman of Color, sich schnell entwaffnet fühlen. Daher interessieren wir uns dafür, was wir von Volkstänzen lernen können, die Kolonialismus und gar den Tourismus überlebt haben.

Wanderausstellung des Vintage! Women! Varieté!

Foto: Jana Korb

Frauen* in der Artistik (Arbeitstitel)

Antragstellerin:  Jana Korb, Berlin
Art des Projektes:  Forschung für performative Wanderausstellung und Archiv
Fördersumme:  5.000 Euro

Die performative Ausstellung "Frauen* in der Artistik" will unter feministischen Gesichtspunkten die "Kleinkunst" der Artistinnen zur Kunst erhöhen - und bildet damit den Grundstein für ein mobiles Artistinnen-Archiv. Dabei untersuchen und suchen wir exemplarisch Artistinnen aus vergangenen Zeiten wie aus der Gegenwart. Wir bringen ihre performative Produktion in verschiedene Frauen*-relevante Kontexte und schreiben somit eine artistische Herstory.

Weichwanze aus der Nähe des Atomkraftwerks Gösgen in der Schweiz. Aquarell der Künstlerin Cornelia Hesse, 1988

Bild: Pro Litteris

Der Wanze ins Gesicht sehen (Arbeitstitel) Wie eine wissenschaftliche Zeichnerin die Atomindustrie das Fürchten lehrte

Antragstellerin:  Friederike Lorenz, Berlin
Art des Projektes:  Dokumentarfilm
Fördersumme:  4.000 Euro

Die Schweizer Künstlerin Cornelia Hesse Honegger erhält 2015 in Washington DC den Nuclear Free Future Award in der Kategorie Aufklärung – eine lange überfällige Anerkennung der Frau, die sich selbst Wissenskünstlerin nennt. Sie zeichnet seit mehr als 30 Jahren Insekten in Gebieten, die radioaktiven Niederschlag erfuhren bzw. die sich in der Nähe von Atomkraftwerken befinden. Sie dokumentiert damit die organischen Schäden, die diese Tiere aufweisen und zeigt so mit den Mitteln der Kunst, welch gravierende Konsequenzen die Nutzung der Atomenergie hat. Die Beobachtungen und Belege Hesse Honeggers wurden lange bagatellisiert, weil sie nicht der offiziellen Lehrmeinung entsprachen – bis schließlich auch einzelne Forscher lernten, genauer hinzusehen und überlieferte Hypothesen zu hinterfragen.

Hausherrin und zwei junge Tänzer

Bildrechte: „tomult&Töchter“

MUTTERLAND

Antragstellerin:  Uschi Madeisky, Frankfurt
Art des Projektes:  Öffentlichkeitsarbeit für den Film MUTTERLAND
Fördersumme:  2.000 Euro

Der Dokumentarfilm MUTTERLAND über das größte Matriarchat der Welt soll von Frankfurt aus eine weite Verbreitung erfahren. Für die Bekanntmachung werden Trailer, Flyer, Plakate und andere ansprechende Materialien produziert. Die Presse soll damit versorgt werden und vor allem auch die Sozialen Medien. Ferner ist für Sonntag, 24. November 2019, eine Premiere im Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt geplant. Gefeiert wird mit den Matriarchatsfilmerinnen Uschi Madeisky und Dagmar Margotsdotter, und als Höhepunkt werden Originaltänze der matriarchalen Minangkabau in Indonesien wie der Piring- oder der Payung-Tanz präsentiert.

Zitat: Mia Seeger 1973, zitiert nach Christiane Lange in: Bauhaus. Zeitschrift der Stiftung Bauhaus Dessau, 3, 2012, S.72

Lilly Reich. Auf den Spuren einer deutschen Designerin der Moderne

Antragstellerin:  Sonja Müller, Frankfurt
Art des Projektes:  Recherche und Ausstellung
Fördersumme:  5.000 Euro

Vor genau 100 Jahren wird zum ersten Mal eine Frau in den Vorstand des Deutschen Werkbundes berufen – Lilly Reich (1885-1947). Lilly Reich arbeitete als Architektin, Möbeldesignerin, Schaufenstergestalterin, Modedesignerin, Messegestalterin. Berühmtheit erlangt sie aber vor allem aufgrund ihrer Verbindung mit Mies van der Rohe – beruflich wie privat. Die Recherchen lenken den Blick auf das frühe Schaffen von Lilly Reich: die Ausbildung in Wien, die Aktivitäten im Werkbund, die ersten Ateliers für Mode und Design in Berlin und Frankfurt in den frühen zwanziger Jahren. Die Ergebnisse der Recherche (Archiv, Bild- und Textmaterial) werden in einer räumlich-künstlerischen Umsetzung in Frankfurt am Main präsentiert.

Bildrechte: Maren Oehling

Kühn mit Nägeln

Antragstellerin:  Maren Oehling, Leipzig
Art des Projektes:  Buch illustriert mit Linolschnitten
Fördersumme:  4.000 Euro

„Kühn mit Nägeln“ ist ein Buchprojekt, das sich in Kooperation mit der Schriftstellerin Julia Wolf literarisch und künstlerisch mit den Lebenswelten von LKW-Fahrerinnen auseinandersetzt. Zum einen ist dieses Arbeitsfeld noch stark von Männlichkeitsstereotypen durchdrungen und erschwert den Zugang für Frauen. Zum anderen erweisen sich romantische Vorstellungen von Freiheit und Abenteuer, die im Leben auf der Straße vermeintlich zu finden sind, in der Realität schnell als trügerisch. Trotz aller Widrigkeiten finden sich LKW-Fahrerinnen, die ihre Arbeit lieben und sich selbstbewusst dieser Szene zuordnen. Im hier skizzierten Spannungsfeld zwischen Mythos und Realität, zwischen Leidenschaft für den Beruf und alltäglichen Problemen, will „Kühn mit Nägeln“ neue Weiblichkeitsentwürfe präsentieren, die über die klischierte Vorstellung von der LKW-Fahrerin als Powerfrau oder Trucker Babe hinausgehen.

Lahya Aukongo

Bildrechte: Chris Schulz

Searching for Susan Baker

Antragstellerin:  Anja Schütze, Berlin
Art des Projektes:  Dokumentarfilm
Fördersumme:  6.000 Euro

"Searching for Susan Baker" liefert ein wichtiges und bisher übersehenes Puzzleteil zur Aufarbeitung von DDR-Vergangenheit und Wendezeit. Die Zeitzeug*innen sind in der Regel weiß und oft auch männlich. In diesem Dokumentarfilm kommen vier Schwarze ostdeutsche Frauen* zu Wort, die alle in der DDR geboren und aufgewachsen sind. Sie begeben sich auf einen Roadtrip zu den Stätten ihrer Kindheit und Jugend. In ihren Geschichten beleuchten sie wie es war, als Schwarzes Kind und Jugendliche in der DDR zu leben und wie sich Rassismus damals und heute in ihren Leben niederschlägt.

Die Preisträgerinnen des Courage-Preises 2020 Mareike Nieberding (2.v.l) und Nicole Ficociello (3.v.l) mit Friederike Sittler, jb-Vorsitzende (l.) und Dr. Sybille Plogstedt, Vorsitzende der Courage-Preisjury

Courage-Preis Verleihung 2019 & 2020 durch den Journalistinnenbund

Antragstellerin:  Dr. Sibylle Plogstedt, Rebecca Beerheide, Köln
Art des Projektes:  Preis für aktuelle, gendersensible Berichterstattung von Journalistinnen
Fördersumme:  Insgesamt € 8.000,-
2019 erhalten Christine Holch und Patricia Morosan gemeinsam den Courage-Preis für aktuelle Berichterstattung für ihre Reportage „Es waren viele Männer – und die Mütter“ (chrismon Heft 03/ 2019). „Christine Holch, die Autorin, schildert die Erlebnisse von zwei Frauen, die als Kinder in Berlin und im Osten Deutschlands vor und nach der Wende sadistischer Gewalt ausgesetzt waren. Christine Holch gelingt dafür eine angemessene Darstellung, ein angemessener Tonfall “. Die dazugehörigen Fotografien von Patricia Morosan arbeiten mit Unschärfe und Überblendung. „Diese Art der Darstellung ist perfekt geeignet, um die beiden Protagonistinnen sowohl zu anonymisieren als auch zu charakterisieren“, heißt es in der Jury-Begründung. 
 
2020 wurde der Courage-Preis zu gleichen Teilen an Mareike Nieberding und Nicole Ficociello für ihre Beiträge zur Exklusion von Frauen in der medizinischen Forschung und Therapie, die tödliche Folgen haben kann, verliehen.
 
Mareike Nieberdings Beitrag „Was Frauen krank macht“ (SZ-Magazin,  23.5.2019) und Nicole Ficociellos Sendung „Gender Data Gap: Warum es  Frauen gefährdet, wenn sie unsichtbar sind“ (Bayern 2/Zündfunk, 8.3.2020) überzeugten die Jury: „In Zeiten von Corona sind die Beiträge von Ficocello und Nieberding hoch aktuell, da die bestehenden strukturellen Benachteiligungen von Frauen sich weiter vergrößern und die Armut von Frauen steigt – und falsche medizinische Dosierungen tödlich sein können.“
 
Die Preise wurden im Rahmen der Jahrestagung des Journalistinnenbundes am 26.09.2019 & 27.09.2020 in Berlin verliehen. 
Website:  https://www.journalistinnen.de/courage-preis/